Sebastian Hotz

© Max Sand

Kabarett Wien

El Hotzo: Von "Mindsets" und Alpha-Männchen

Man brauche nur das richtig "Mindset" zu haben, schon stünde dem Erfolg nichts mehr im Weg. Auch, wenn dies eine satirische Botschaft seines Romandebüts ist, ist die Sache bei Sebastian Hotz selbst ein bisschen anders gelaufen. "Was ich hier mache, ist kein Job. Ich habe nur mein Hobby zum Beruf gemacht: Quatsch ins Internet stellen!"

Der 27-Jährige, der am Donnerstagabend für ausverkauftes Haus um Wiener Stadtsaal sorgt, ist im deutschsprachigen Raum unter seinem Künstlernamen "El Hotzo" berühmt. Seit Jahren gehört er mit seinen satirischen Posts regelrecht zum Standard in zahllosen täglichen Instagram-Feeds seiner stetig wachsenden Fangemeinde. Dass er auf seiner Lesungstour auch einen Abstecher nach Wien macht, lag quasi auf der Hand, denn: "Wien ist laut Statistik die zweitgrößte Stadt meiner Follower:innen." Lauter Applaus aus dem großteils eher jünger geratenen Publikum (darunter auch viele Männer Mitte 20, denn, so wissen wir spätestens nach diesem Abend: Sie sind eine besonders kaufkräftige und wunderbar manipulierbare Zielgruppe!).

El Hotzo live: Von "Alphas", Arbeit und Dorfmentalität

Sein rasanter Erfolg sei eigentlich nur einer Verkettung von Zufällen zu verdanken, zeigt sich Hotz bescheiden (auch wenn er zwischendurch immer wieder nach lautem Beifall verlangt, um das "zarte Pflänzchen" seines Selbstbewusstseins zu hegen): Ein nicht besonders schmeichelhafter Tweet gerichtet an die deutsche Band The BossHoss hätte einst zur Sperre seines damaligen Twitter-Accounts geführt woraufhin er kurzerhand zu Instagram wechselte. Der Rest ist Social Media-Geschichte.

Auf seiner aktuellen Live-Tour wird er lediglich von ein paar aufblasbaren Tieren, einer Leselampe und einem Papp-Aufsteller von Michael Schumacher auf der Bühne begleitet. "Ich hätte eigentlich lieber Oliver Kahn gehabt, den gab es aber leider nicht aus Pappe." Hotz liest Passagen aus seinem Roman "Mindset", der im Frühling im im Verlag Kiepenheuer & Witsch erschienen ist. Doch diese Buchauszüge bilden lediglich den geschickt gesponnene Rahmen des knapp zweieinhalbstündigen Programms. Sebastian Hotz ist nicht nur Satiriker oder "Comedy-Autor", wie er es nennt: Er ist vor allem ein fantastischer Erzähler. Mit versierter Leichtigkeit springt er von einem Thema zum nächsten, verpackt in humorvollen Anekdoten aus seinem Leben oder Alltagsbeobachtungen: Sei es Hass im Netz, Privilegien von Weißen Männern, veraltete, toxische Männlichkeitsbilder, das Unvermögen, über Gefühle sprechen zu können oder der normale Wahnsinn aus dem Leben in einem kleinen Dorf Hotz geht mühelos von einen Erzählstrang in den nächsten über, die Lacher im Stadtsaal hat er dabei stets auf seiner Seite.

Auch das Thema Arbeit bzw. der Wunsch nach einem Ausbruch aus der Maschinerie des 8-Stunden-Trotts kehrt immer wieder zurück. Er selbst habe mit 18 die Ausbildung zum Industriekaufmann begonnen; die irrwitzigen (weil sehr realitätsnahen) Erlebnisse dieser kurzen beruflichen Abzweigung sind ebenfalls Teil seines Buchs: Wenn es etwa als Maxime des Aufstiegs gilt, wenn man eines Tages vielleicht auch mal mit den anderen Führungskräften eine Geschäftsreise ins "Holiday Inn Express", irgendwo im Nirgendwo, machen darf! Das Spiel mit solch überzogenen Bildern, deren Klischees sich als allzu wahr entpuppen, beherrscht Sebastian Hotz meisterlich. Und wenn dann noch Ober-Alphamännchen "Maximilian Krach" seinen großen Roman-Auftritt hat und völlig absurde "Erfolgskonzepte" präsentiert, wie sie uns aber tagtäglich im Internet ausgespielt werden (auch hier wieder die Lieblingszielgruppe: Männer Mitte 20!), kann sich der Applaus im Stadtsaal kaum halten.

Der Lesungsabend mit Sebastian Hotz ist von Beginn bis zur letzten Minute ein amüsanter Spaziergang durch den Wald des Irrsinns, dem wir uns täglich insbesondere im Internet stellen. Die Sprache in seinem Buch mag vielleicht immer wieder in langen, lyrischen Sätzen ausarten, auf der Bühne setzt der 27-Jährige ihre Wirkung aber umso gekonnter in Szene. Dabei macht er auf gesellschaftliche Absurditäten und festgefahrene Muster aufmerksam, die vielleicht gar nicht so schwer zu überwinden wären, wenn wir unsere Energie nicht mit unwichtigeren Dingen verschwenden würden. Etwa damit, ein "Alpha" zu werden.

Am 10. Dezember macht El Hotzo nochmals einen Besuch in Wien.

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