Andi Pilhar, Eva Maria Marold und Goran Mikulec

© Jan Frankl

Kabarett Wien

Eva Maria Marold: "Radikal inkonsequente" Hitparade

Dass man von einem Programm, das den Titel "Radikal inkonsequent" trägt, so ziemlich alles erwarten kann, liegt irgendwie auf der Hand. Am Dienstagabend feierte Eva Maria Marold mit besagtem neuen Musikkabarett Premiere im Wiener Stadtsaal. Die gebürtige Burgenländerin holt darin aus der Trickkiste, was geht: Marold ist nämlich nicht nur Kabarettistin, sie ist auch vollendete Schauspielerin, Tänzerin und so weiß man spätestens nach diesem Abend vor allem Sängerin. Und daran will sie mit allen Registern erinnern.

Das neue Programm ist also eine Präsentation der Marold'schen Vielseitigkeit – und vieler, vieler, vieler Lieder.

Eva Maria Marold mit kongenialer Band

"Das Singen macht mir so eine irrsinnige Freude. Außerdem muss ich dann weniger reden," erläutert die Künstlerin eingangs auf der Bühne. Gesagt, getan (oder besser gesungen) das Ergebnis ist ein Sammelsurium an Oldtime-Hits mit ein bisschen lustigem Gerede dazwischen.

Regie führte Serge Falck, begleitet wird Marold von den beiden kongenialen Musikern Andi Pilhar (Keyboard) und Goran Mikulec (Gitarre). Empfehlung: Sollte man den Songs Marke ABBA, "Grease" und Co. eher weniger abgewinnen können, lohnt sich dennoch die zweite Hälfte des Programms, denn schon für Mikulecs fantastisches Gitarren-Solo ist diese sehens- bzw. hörenswert.

... und noch ein Lied

Das Trio harmoniert wunderbar auf der Bühne, als Zuschauer:in hört man aber irgendwann auf, die Anzahl der Songs mitzuzählen. Denn dass es der stimmlich virtuosen Marold in erster Linie um den Spaß an der Musik und weniger ums Inhaltliche geht, kristallisiert sich schnell heraus. Manche bekannten Oldie-Evergreens sind zwar auf Deutsch umgedichtet, um doch noch einen programmlichen Rahmen zu geben, die meisten Lieder scheinen aber einfach um des Singens willen geschmettert zu werden. Der Titel des Programms sei schließlich "inkonsequent", da Marold "auf eine Reise quer durch alle Epochen und Genres der Musikwelt nimmt und radikal, weil sie sich dabei nix sch***t", heißt es dazu im Pressetext. Die Epochen gehen zwar nicht weiter als die 80er, aber sei's drum.

Wird dann doch mal etwas mehr gesprochen, hat Marold die Lacher auf ihrer Seite, etwa wenn die obligatorischen Witze über das Single-Leben (beziehungsweise das Abfinden mit selbigem nach Sauna-Hoppalas und absurden Besuchen beim Sexualtherapeuten) daherkommen. Dazu gibt es sogleich eine inbrünstig ins Mikro gestöhnte Deutsch-Version von "Sexual Healing". Selbst "50 Shades Of Grey" wird wieder aus der Schublade geholt, wurscht, dass das Buch seit den frühen 2010er-Jahren eigentlich niemanden mehr interessiert. Verdienter Applaus an dieser Stelle aber an Musiker Mikulec, der seinen Part des gelesenen Dialogs aus dem Schundroman mit stoischer Miene zum Besten gibt.

... und noch ein Lied

Fürs Grande Finale darf sogar die selige Show-Ikone Rudi Carell der Liebeshungrigen mit seiner Stimme aus dem Jenseits (!) unter die Arme greifen; das 50-Plus-Publikum jauchzt in vergnügten Reminiszenzen. Schade nur, dass Marold die "Herzblatt"-Einlage dazu nutzt, um so ziemlich alle weiblichen Klischees bei der Suche nach Liebe zu (be)spielen, die man sich nur vorstellen kann (oder sich im Jahr 2023 eigentlich nicht mehr vorstellen möchte).

Aber egal, es wurde schon fünf Minuten am Stück geredet, da müssen gleich drei Lieder hintereinander her! Und wenn man vielleicht einen schlechten Tag gehabt hat, kann man am Ende des Abends zumindest sicher sein, dass es der armen Dragica aus dem kroatischen Volkslied in der Zugabe (weil warum nicht?!) immer noch dreckiger geht als einem selbst.

Fazit: In "Radikal inkonsquent" macht Marold eben, was sie will und das mit Herzblut, großem Stimmumfang und grandioser instrumentaler Begleitung. Man könnte aber meinen, dass sie eigentlich lieber auf einer Musical-Bühne stehen würde, denn der Kabarett-Abend ufert schlichtweg in einer Hitparade für ältere Semester aus. Fans werden daran aber wohl Gefallen finden.

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