Pressefoto Glen Hansard

© Stephan Vanfleteren

Konzerte

Berührend und mitreißend: Glen Hansard live

Es scheint ein Ding der Unmöglichkeit, dem irischen Musiker mit dem rauschenden Bart von der ersten Minute an nicht zu verfallen, sobald er auf der Bühne die Stimme erhebt. Am Donnerstagabend gastierte Glen Hansard im ausverkauften Wiener Konzerthaus – und langjährige Fans von ihm wissen bereits: Ein Abend voller Leidenschaft, Können und großartiger Songs, die live ein erstaunliches Eigenleben entwickeln, ist hier Garant.

Auf seiner aktuellen Tour bringt Hansard nicht nur sein neues Album "All That Was East Is West Of Me Now" mit, sondern auch eine kongeniale Live-Band, bei der ihn sogar Joe Doyle und Rob Bochnik aus der früheren Formation "The Frames" begleiten. Weiterer besonderer Touch: Nebst Gitarren, Keys, Schlagzeug, Bass und Geige vervollständigte auch ein Theremin den Sound auf der Bühne. 

 

Erinnerungen an Wien

Nach einem gelungenen Aufwärm-Programm mit der dänischen Singer-Songwriterin Tina Dico (Empfehlung!) ging es um 21 Uhr auch schon weiter. Eingangs zeigte sich Glen Hansard noch recht wortkarg – was jedoch absolut nicht störte, denn die Songs selbst hatten ohnedies eine eigene Sprache. Laut, leise, sanft, treibend, akustisch, rockig-verstärkt: Die musikalische Vielseitigkeit Hansards will keine Grenzen kennen, mit Songs wie "Sure As The Rain", "Time Will Be The Healer", "Don't Settle" oder "I'll Be You, Be Me" sowie seiner virtuosen Stimme hatte der 53-Jährige das Publikum ab den ersten Tönen in seinem Bann. 

Es dauerte aber nicht lange, da zeigte sich auch der sympathische Geschichtenerzähler in ihm und Hansard teilte Anekdoten aus seiner Vergangenheit: Ob Erinnerungen an betrunkene Motorrad-Touren mit einer "geliehen Ducati" vor über zehn Jahren in Wien ("an dieser Stelle großes Dankeschön an die Wiener Polizisten für ihre Freundlichkeit damals") oder Alpträume aus seiner Kindheit, die sich später als Quelle der Inspiration entpuppten ("Ghost") man vergisst kurz, dass man sich in einem riesigen Konzertsaal befindet, sondern lauscht dem sympathischen Iren einfach, als würde man sich in einem Pub mit ihm treffen (oder auf eine Flasche Wein in einem Hotelzimmer im Lockdown).

Die Fülle an Emotionen ist nicht zuletzt die Magie bei einem Konzert von Glen Hansard. Da wird schon mal verstohlen eine Träne aus den Augenwinkeln gewischt, wenn das ganze Konzerthaus den Refrain zum Nullerjahre-Hit "Falling Slowly" singt, für den der 1970 in Dublin geborene Musiker damals sogar einen Oscar bekam. 

Glen Hansard lässt seine Zuhörer:innen aber nicht in Melancholie zurück, schnell werden sie wieder aufgefangen und mitgerissen: Die Stimmung von "When Your Mind's Made Up" oder "Her Mercy" überträgt sich sogleich, das Publikum summt, singt, klatscht und wiegt sich im Takt in den Sitzen. 

Mitgesungen wird auch von allen im Saal zum Finale: Mit einem Cover von Leonard Cohens "Passing Through", das Hansard mitsamt all seinen Bandmitgliedern und Support-Gästen unverstärkt zum Besten gibt, verabschiedet sich der einstige Straßenmusiker von seinem Wiener Publikum. 

Einmal mehr lässt sich reüssieren: Das gesamte Konzert war nicht weniger als magisch, die Stilmischung hielt Hansard mit seiner Stimme gekonnt zusammen, seine Musiker:innen rockten genauso überzeugend, wie sie intimen Klängen ausreichend Platz ließen. Und wenn der Liebeskummer, die Wehmut vergangener Zeit oder der kurze Hauch der Einsamkeit vielleicht mal zu groß wurden, half Hansards Humor sogleich darüber hinweg. Man geht am Donnerstag mit einem wohligen Gefühl in der Brust nachhause. Es ist halb 12 und unter der Woche, aber völlig egal. Der Abend war es allemal wert. 

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