A.L. Kennedy hielt die Eröffnungsrede

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Messen Österreich

"Worte haben Macht": Buch Wien eröffnet

"Was gerade in diesen Tagen an Gewaltausbrüchen passiert, ist eine Kampfansage gegen die zivilisierte Welt", sagte etwa Benedikt Föger, Präsident des Hauptverbands des Österreichischen Buchhandels. "Bücher sind das erste Mittel gegen Achtlosigkeit und Mutlosigkeit."

Föger verwies vor Gästen wie Bundespräsident Alexander Van der Bellen und Alt-Präsident Heinz Fischer aber auch auf die wirtschaftlichen Herausforderungen der Buchbranche und nannte die Senkung oder Aufhebung der Mehrwertsteuer für Bücher ("Das hat in der Pandemie auch geholfen.") oder die Einführung eines Kulturpasses für Jugendliche als mögliche Hilfsmaßnahmen.

"Es sind schwierige Tage und Zeiten", begann Wiens Kulturstadträtin Veronica Kaup-Hasler (SPÖ) ihre Rede. "Sprache kann Vorreiterin sein im Erzeugen von Hass, Sprache kann aber auch die Rettung sein", sagte sie und nannte Bücher "die kleinste Form der Magie, die man bei sich tragen kann". Für Staatssekretärin Andrea Mayer (Grüne) sind Buchmessen "auch demokratiepolitisch wichtig": "Literatur ist die Seismografin unserer Gesellschaft. Literatur legt den Finger auf offene Wunden, ohne ihn lehrmeisterlich auf andere zu richten."

A.L. Kennedy eröffnete Buch Wien

Die 57-jährige schottische Autorin Alison Louise Kennedy, 2007 mit dem Österreichischen Staatspreis für Europäische Literatur und 2020 mit dem Ehrenpreis des Österreichischen Buchhandels ausgezeichnet, hielt unter dem Titel "In the Beginning" (Zu Beginn) die Eröffnungsrede und zeigte sich gegenüber ihrem Heimatland sehr kritisch: "Aus Gründen, die mir selbst nicht zur Gänze klar sind, gibt Großbritannien sicherlich ein sehr gutes Beispiel für eine kulturelle Krise ab, die eine Reihe weiterer Krisen auslöste - und schließlich zu einem noch nie da gewesenen Angriff auf die Kunst führte, einem Angriff, der Schulen ebenso traf wie Theater, Universitäten, tourende Musiker:innen ... diese Liste ließe sich beliebig lang fortsetzen. Zahlreiche Stimmen sind im Zuge dieser Krise verlorengegangen, und zahlreiche weitere werden nie zu sich selbst finden", so Kennedy in der Übersetzung von Mascha Dabic.

"Möge Großbritannien als ein warnendes Beispiel dienen, ein Beispiel dafür, wie man es nicht machen sollte - ein Beispiel dafür, was passiert, wenn wir auf die Kunst vergessen, wenn wir vergessen, dass Worte Macht und Bedeutung haben, und wenn wir diese Macht und Bedeutung den Schlimmsten unter uns überlassen", so die Autorin. Ihr sei als Kind durch Lektüre Welterfahrung und Empathie vermittelt worden - etwas, was immer mehr verloren gehe. "Wir alle haben buchstäblich die Macht, unserem Land zu helfen oder ihm Schaden zuzufügen, es zu heilen oder es zu verletzen, einfach nur, indem wir Bücher lesen, schreiben und veröffentlichen." Lesen sei "eine freiwillige Besessenheit. Aber in unseren besten geschriebenen Werken und insbesondere in den besten Werken der Belletristik ist diese Besessenheit die eines liebevollen Gefährten".

Messe bis 12. November

Es sei leicht, "müde und desillusioniert zu sein, aber das Wunder der Worte beginnt jeden Tag neu, wird jeden Tag geboren, erwacht jeden Tag in einem glücklichen Kind und überwältigt es mit Freude, Tag für Tag", sagte A.L. Kennedy, deren Roman "Als lebten wir in einem barmherzigen Land" jüngst in deutscher Übersetzung bei Hanser erschienen ist. "Überall auf der Welt werden Menschen gefoltert, inhaftiert und hingerichtet für die Dinge, die wir in Freiheit tun können. Wenn wir vergessen, diese Dinge aus freien Stücken und nach bestem Wissen und Gewissen zu tun, dann rücken Folter, Haft und alle möglichen Todesarten näher, und das gilt dann nicht nur für uns, sondern für alle."

Die Eröffnung wurde traditionell mit der "Langen Nacht der Bücher" und zahlreichen Veranstaltungen begangen. Bis 12. November sind über 350 Bühnengespräche, Podiumsdiskussionen und Vorträge mit 439 Autoren und Autorinnen aus 25 Nationen angekündigt, darunter Auftritte und Lesungen von Jo Nesbø, Boualem Sansal, Milo Rau, Olga Martynova, Maja Haderlap, Milena Michiko Flašar und Birgit Birnbacher.

Als gesellschaftspolitische Debattenthemen sind u.a. ChatGPT und KI, Migration und Sozialstaat, Ukrainekrieg und Klimakrise annonciert. Das Kinder- und Familienprogramm umfasst über 100 Veranstaltungen, die Altersgrenze für den kostenlosen Eintritt für Kinder und Jugendliche wurde von 10 auf 14 Jahre angehoben, erstmals gibt es einen eigenen Messebereich zum Trend-Genre New Adult. Die Ausstellungsfläche beträgt 12.000 Quadratmeter, die Zahl der Aussteller wird mit 300 angegeben. 2022 wurden bei der "Buch Wien" 51.000 Besucherinnen und Besucher gezählt.

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