Simon Brader und Lisa-Carolin Nemec

© Bettina Frenzel

Theater Österreich

Mitreißender "Figaro" im Stadttheater Mödling

Auch wenn es als "Komödie" von Ödön von Horváth angeführt wird, ist der Stoff alles andere als leichteste Kost: Das Stadttheater Mödling feierte am Dienstag mit der Premiere von "Figaro lässt sich scheiden" den Start in die neue Saison.

Existenzsorgen, Kriegsnöte, menschenverachtender Alltagsfaschismus, das Aufbegehren der bürgerlichen Existenz, die sich als erstickendes Spießbürgertum entpuppt: Wie kaum ein anderer war Ödön von Horváth (1901 - 1938) ein kritischer, humanistischer Beobachter der Unruhen seiner Zeit. Die Auswirkungen des Monarchie-Endes in Deutschland und Österreich nach dem Ersten Weltkrieg sowie die immensen Fluchtbewegungen in Europa aufgrund politischer Unruhen sind Ausgangspunkt seines Stücks, dem sich der Verein "Theater zum Fürchten" nun in einer spritzigen Inszenierung von Rüdiger Hentzschel widmet.

Warum sich Figaro "scheiden lässt"

Die Revolution bereitet dem schönen Leben von Graf und Gräfin Almaviva ein jähes Ende: Sie müssen Hab und Gut zurücklassen, bei Nacht und Nebel aus ihrem Land flüchten – nur begleitet vom getreuen Diener Figaro und seiner Frau, der Kammerzofe Susanne. Während das gräfliche Paar mit dem neuen Leben ohne Geld und Status nicht umgehen kann und versucht, sich vor der Realität zu verschließen, weiß sich der wendige Figaro zu helfen: Er kündigt und übernimmt (als einstiger Barbier in Sevilla!) kurzerhand ein Friseurgeschäft in Großhadersdorf. Doch dieses sichere, aber kleinbürgerliche Leben hat seinen Preis: Figaro verändert sich, wird immer mehr zum zugeknöpften Spießer, bis es seiner Susanne schlussendlich zu viel wird... Was behält am Ende die Oberhand? Die Menschlichkeit oder der Verstand?

Aus wenig wird viel im Stadttheater Mödling

Dass es für einen vielschichtigen Stoff nicht immer ein opulentes Bühnenbild braucht, beweist das Ensemble eindrucksvoll. Mit nur wenigen Mitteln wechseln die Darsteller:innen in den einzelnen Szenen zwischen den Orten und Jahren hin und her, es macht regelrecht Spaß, ihnen beim Verschieben der Requisiten zuzusehen (gekonnter Einsatz hier auch der kleinen, aber feinen Drehbühne!).

Jeder und jede spielt seine oder ihre Rolle (manchmal auch mehrere Rollen) mit viel Herzblut; Simon Brader gibt einen durchwegs überzeugenden "Figaro", dem man in einer Szene am liebsten eine Watschen geben möchte, in der nächsten wieder ob seines nüchternen Menschenverstandes auf die Schulter klopfen will. Auch das Zusammenspiel mit seiner "Susanne" Lisa-Carolin Nemec harmoniert auf ganzer Linie, Nemec bringt die zerrissenen Emotionen zwischen loyaler Liebe und Freiheitswunsch gekonnt herüber.

Lauter Applaus bei Premiere

Dirk Warme wiederum gibt einen fantastischen "Graf Alamaviva", der von der Tragik des Zusammenbruchs seines Adelsstandes vollends überrumpelt wird. Man möchte ihn eigentlich permanent in den Arm nehmen und trösten.

Stanislaus Dick hat in seinen mehreren Rollen stets die Lacher auf seiner Seite, ebenso Christoph Prückner, der als alternder "Schlossgärtner Antonio" dem ernsten Stoff am Ende nochmals eine dringend benötigte Portion Humor verleiht. Und auch die anderen Mitglieder des Ensembles spielen ihre Parts mit Bravour und viel Können. 

Fazit: Ein Besuch nach Mödling zahlt sich definitiv aus, um der Scheidung Figaros beizuwohnen. Und vielleicht wartet auf den (un)sympathischen Spießer wider Willen und seine Liebste ja doch noch ein Happy End ...

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