© Neringa Latvyte, private collection

Was ist los in Graz

Volkskundemuseum: Die vielen Gesichter der europäischen Migration

"Was bedeutet Zuhause für dich? Ist es ein Ort oder ein Gefühl?" Mit diesen und weiteren Fragen setzt sich "Identity on the Line" auseinander. In der Ausstellung werden persönliche Migrationserfahrungen von Menschen in Europa im 20. Jahrhundert geteilt, wie am Donnerstag im Volkskundemuseum bei der Presseführung bekanntgegeben wurde. Zu sehen ist die Ausstellung bis 18. Juni 2023.

Forschungsprojekt im Museum

"Es sind kleine Ausschnitte aus persönlichen Geschichten", erklärten die Kuratorinnen Corinne Brenko und Urška Purg vom Museum der Zeitgeschichte Sloweniens. Dabei stehen die Menschen hinter den Migrationsprozessen im Vordergrund, weshalb zuerst auf die persönlichen Erfahrungen eingegangen und dann erst die Prozesse dahinter und einzelne Länder thematisiert werden, ergänzten sie. Man wolle damit "ungehörten Stimmen ein Gehör verschaffen".

Die Ausstellung ist das Ergebnis eines dreijährigen Kooperationsprojekts, an dem sechs kulturhistorische Museen und je eine Universität in Dänemark, Kroatien, Litauen, Norwegen, Polen, Schweden und Slowenien über bisher im kollektiven Gedächtnis wenig verankerte Migrationsprozesse forschten. Dazu zählen beispielsweise Erfahrungen über das Volk der Sami in Norwegen, über Überlebende des Holocausts in Litauen oder über die Migration der italienischen Istrier.

Für das seit 2019 laufende Forschungsprojekt wurden über 200 Interviews geführt, von denen ausgewählte in der Ausstellung gezeigt werden. Für die Forschenden war dabei der Kontakt zu den Interviewten besonders wichtig: Sie sollten sich mit ihrer erzählten Geschichte wohlfühlen, weshalb manche Interviews in der Ausstellung anonymisiert dargestellt werden, wie die Kuratorinnen betonten. Insgesamt wurden Menschen aus drei Generationen befragt.

© Universalmuseum Joanneum/J.J. Kucek

Unterschiedliche Migrationserfahrungen

Anhand des Projekts sehe man, dass die einzelnen Migrationsprozesse sich stark voneinander unterschieden, die gemachten Erfahrungen aber viele Gemeinsamkeiten aufwiesen, so Purg. Aus diesem Grund wurden genau diese Gemeinsamkeiten aufgegriffen und als Kernelemente auf insgesamt sieben Informationstafeln gezeigt: Themen wie Schweigen und Offenheit, Zugehörigkeit und Entfremdung, Schuld und Versöhnung begleiten durch die Ausstellung. Dabei nehmen Fragen eine zentrale Rolle ein: "Kann das Schweigen erlösend sein? Kann uns Offenheit helfen, frühere Bindungen wiederherzustellen und alles zu akzeptieren, was wir sind?"

"Identity on the Line" will zeigen, dass Identität etwas ist, das sich auf einer Linie bewegt und das sich verändern kann, erklärten Brenko und Purg den Namen der Ausstellung. Die 2022 mit dem EMA-Preis der European Museum Academy ausgezeichnete Ausstellung wurde bisher in allen am Projekt beteiligten Ländern gezeigt. Zusätzlich wurde eine digitale Plattform geschaffen, wo die Inhalte der Ausstellung gezeigt werden. Laut Kuratorinnen sei außerdem ein Folgeprojekt geplant, die Realisierung hänge jedoch noch von der finanziellen Förderung ab.

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