© Pexels

Was ist los in Graz

Häftlinge inszenieren Theaterabende in Justizanstalt Karlau

Zum Theater ins Gefängnis - das wird bald in der Grazer Justizanstalt Karlau möglich sein: Regisseurin Julia Gratzer hat gemeinsam mit Strafgefangenen eine Theaterproduktion entwickelt, die ab 18. April - nach einer Sicherheitskontrolle und gegen Voranmeldung - auch für Publikum von außerhalb der Gefängnismauern zu sehen sein wird. Die Inszenierung "Biedermann und die Brandstifter. Ein Lehrstück der Karlau Über-wachen und Verschlafen" verspricht ungewöhnliche Abende.

Bühnenerfahrung gesucht

Das Projekt wurde vom Leiter der Justizanstalt, Brigadier Gerhard Derler, sowie dem Seelsorger der Karlau, Josef Riedl, zusammen mit Gratzer ins Leben gerufen. Bei einer Ausschreibung im Frühjahr 2023 hatten sich interessierte Häftlinge melden und an einem Auswahlworkshop teilnehmen können. Gesucht wurden Schauspieler, Sänger, Musiker, Schreiber ohne und mit künstlerischen Vorlieben und Erfahrungen.

Schauspielerische Erfahrung konnte zwar keiner der Insassen vorweisen, aber so mancher brachte zumindest Bühnenerfahrung mit, sagte Gratzer im Gespräch mit der APA. Während manche zu Schulzeiten auf der Bühne gestanden sind, haben andere Gitarre oder Trommeln vor Publikum gespielt. Seit Oktober trainieren nun neun Männer wöchentlich für etwa drei Stunden gemeinsam unter der Anleitung von Gratzer in der Justizanstalt Karlau "ihre Stimmen, Körper und nebenbei auch das soziale Miteinander", so die Initiatoren.

Alle Infos

  • Premiere am 18. April um 17.00 Uhr
  • Weitere Aufführungen am 19., 23. und 24. April
  • Geschlossene Aufführung am 29. April. Jeweils 17.00 Uhr
  • Voranmeldung bis 8. April unter [email protected]

Biografische Elemente der Häftlinge einbezogen

Erarbeitet wurde das Drama von Max Frisch, das allerdings gemeinsam mit und von den Häftlingen teils mit eigenen Texten sowie mit biografischen Elementen abgeändert wurde, schilderte die Regisseurin. Die Unterschiede zu anderen Produktionen seien abgesehen von den Räumlichkeiten auch im Tagesablauf und im Umfeld zu finden: "Für manche, die schon viele Jahre eingesperrt sind, war es schwierig, kreativen Freiraum zu entwickeln und auch das Selbstbewusstsein für die Bühne zu erlangen", so Theaterpädagogin Gratzer. Unterschiede sieht die Soziologin auch beim Miteinander und der Konzentrationsfähigkeit der Menschen im Gefängnis: "Dass ihnen jemand zuhört, sind sie gar nicht mehr gewohnt."

Bis zur Premiere sind es nur noch wenige Wochen: "Wir freuen uns darauf, aber bis dahin wird sicher noch irgendetwas Chaotisches passieren", sagte Gratzer mit einem Schmunzeln. Ihre Schauspieler seien jedenfalls "hoch motiviert" und für sie eine wahre "Wunschtheatergruppe": "Das ist auch die große Kraft, die das trägt", betonte sie.

"Häfentheater"-Projekte

Dem Theaterstück ging übrigens ein Pilotprojekt eines Häfentheaters voraus: Das Hörspiel "Acht liederliche Türmer" wurde für das Grazer Kulturjahr 2020 mit elf Insassen der Justizanstalt digital erarbeitet und anschließend bei "Hörspaziergängen" rund um die Gefängnismauern über einen Zeitraum von sechs Monaten für mehr als 4.000 Personen erlebbar gemacht.

Hat dir der Artikel gefallen? Jetzt teilen!

Kommentare