© Dora Budor, Kunsthaus Bregenz

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Sextoys in den Rohren: Dora Budor im Kunsthaus Bregenz

Das Kunsthaus Bregenz (KUB) wird in der neuen Ausstellung der gebürtigen Kroatin Dora Budor selbst zum Körper. Die Künstlerin, die auch Architektur studierte, begreift das Zumthor-Gebäude als Organismus und rückt Verborgenes in den Fokus. Für ihre Werke steigt sie in den Untergrund des KUB, verarbeitet den Kaffeesatz des KUB-Cafes und bringt Rohre mit Sexspielzeugen zum Vibrieren. Die ganz auf ihren Ort zugeschnittene Schau "Continent" ist von 19. März bis 26. Juni zu sehen.

Hintergrundgeräusche im Bauwesen

Für ihre bereits für Ende 2020 geplante, pandemiebedingt verschobene Schau untersuchte die Künstlerin das KUB genau, befasste sich mit seiner (Bau)geschichte und den im Hintergrund ablaufenden, in der Architektur versteckten Vorgängen. Dabei bildet die Lüftung mit ihren 28 Kilometern Rohrleitungen die Atmung, die sie im Werk "Termites" über in den Rohren vibrierenden, ferngesteuerte Sexspielzeuge bewusst macht. Um das Fundament des Gebäudes zieht sich ein unterirdischer Gang, der mit in die Tiefe reichenden Schlitzwänden hilft, das Einstürzen angrenzender Gebäude zu vermeiden und das Sickerwasser zu kontrollieren. Von den Wänden dieses Kollektorgangs hat Dora Budor Latexabdrücke genommen, die im KUB nun das Innere nach außen, das Untere nach oben kehren.

Aus dem gesammelten Kaffeesatz ließ sie für die Arbeit "Pucks (bagarreurs)" 300 Eishockeyscheiben pressen. Sie interessiere sich dafür, wie ein Körper kontrolliert werde, wie er Energie erhalte, so die Künstlerin am Donnerstag bei einer Presseführung. Zugleich wohne den Pucks Aggressivität und Wettbewerb inne, der Energieschub nach dem Kaffeegenuss ist in potenzielle Bewegung umgewandelt. Versehrungen und der Verlust der ursprünglichen Nutzbarkeit thematisiert Dora Budor in "27 Male Molds", einer Ansammlung von Maschinenteilgussformen, die trotz ihres Namens in Budors Arrangement höchst weiblich daherkommen. Für "Love Streams" rieb die Künstlerin ein ihr verschriebenes Medikament gegen Depressionen auf Sandpapier ab. Während benutztes Sandpapier üblicherweise im Müll landet, rahmte die Künstlerin die Papiere zu einer Serie und hing sie an die Wand.

Die Welt der Readymades

Ebenso zu sehen ist die gemeinsam mit Noah Barker entstandene Videoarbeit "Chase Manhattan". Im Auto folgen die Künstler darin einem Lkw in Manhattan, der beim Abriss des JP Morgan Chase-Wolkenkratzers, dem 2019 höchsten abgebrochenen Wolkenkratzer der Welt, Bauschutt transportiert. In "Something to Remind Me" verarbeitete Dora Budor einen siebenmonatigen Aufenthalt in Berlin. Ihr Leihrad, auf dem sie ihre Streifzüge durch die Stadt unternahm, ließ sie einschmelzen, um das so gewonnene Metall in Negativformen zu gießen, die sie von Elsa von Freytag-Loringhovens "Enduring Ornament" (1913), dem vermutlich ersten "Ready Made" der Welt, abnahm. Die Schmelzmasse reichte für elf Multiples.

Der Name der Ausstellung "Continent" verweise nicht nur auf eine Landmasse, sondern auch auf ein Behältnis, ein Gefäß, ebenso wie auf eine Körperfunktion, erläuterte die Künstlerin. Für KUB-Direktor Thomas D. Trummer zeigt Dora Budor die dahinterliegenden Dinge. Mit jeder Errichtung eines Gebäudes müsse etwas dekonstruiert werden, Abfall entstehe, auch im Betrieb entstünden durch Haustechnik wie Heizung und Belüftung Ausscheidungen. "Diese Dinge will Dora freilegen", so Trummer, der durch eine Schau der Kunsthalle Basel auf die 1984 geborene Künstlerin aufmerksam wurde. Heuer wird Budor an der Biennale Venedig mit "The Mild of Dreams" teilnehmen.

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