© Eden Krsmanovic

Ausstellungen Wien

Mit "Pandemic Pandemonium" wird Wiener Secession zur Spielhalle

Es ist keine neue Business-Strategie der Künstlervereinigung, aber für Secessionspräsidentin Ramesh Daha eine willkommene Gelegenheit, die Öffnung des traditionsreichen Hauses weiter zu treiben: Der französische Künstler Neïl Beloufa macht für seine heute, Dienstag, Abend eröffnende Ausstellung "Pandemic Pandemonium" die Secession zur Spielhalle. Neben seiner immersiven Installation im Hauptraum stellen B. Ingrid Olson in der Galerie und Lieselott Beschorner im Kabinett aus.

Bei der Presseführung am Vormittag funktionierte noch nicht alles auf dem Spielfeld so, wie es soll. Das Konzept ist ziemlich tricky und technisch nur von Beloufas Aufbautruppe seiner eigenen Produktionsfirma EBB zu bewältigen. Die einzelnen Stationen in dem nur vom Flimmern der Screens und Monitore erhellten Raum heißen "Screen Talk", "Cheat Island", "Console of Quiz", "Press Key Port", "Hand of Vengeance", "Tax Haven Roulette" und "Souvenir Shop". Man löst um zwei Euro Spiel-Tickets, hat an den "Spielautomaten" Quizfragen und Aufgaben zu lösen und kann echte Kunst gewinnen. Das Ganze ist humorvoll und parodistisch angelegt und auch eine Auseinandersetzung mit dem gegenwärtigen NFT-Hype am Kunstmarkt.

Die Secession reagiere damit auch auf die Pandemiezeit und die zunehmende Verlagerung von Begegnungen ins Web, sagte Daha im Gespräch mit der APA. Man schätze Beloufa als Künstler und habe ihm wie allen anderen Eingeladenen eine Carte Blanche gegeben, das von ihm für Wien konzipierte "Pandemic Pandemonium", das eine erweiterte Fassung einer zuvor in Brüssel (2022) gezeigten Installation darstellt, sei nun aber auch eine Chance, Barrieren abzubauen und auch die Gaming Community ins Haus zu holen.

Hardcore-Installationskunst wartet dagegen in der Galerie im Untergeschoss: US-Künstlerin B. Ingrid Olson zeigt in "Elastic X" eine Skulpturengruppe, die vier Ecken eines Ausstellungsraumes verändert, multidimensionale fotografische Objekte, in denen sich Fotografie, Installation und Skulptur verbinden, sowie an die Wände montierte kleine, irritierende anthropomorphe Keramiken. "Es geht um Sehen und Gesehen-Werden", sagte Kuratorin Annette Südbeck. "Es geht um die Frage, wie funktioniert die Beziehung des Körpers zum Raum?"

Im Grafischen Kabinett widmet die Secession einem ihrer ersten weiblichen Mitglieder, der 1927 geborenen Lieselott Beschorner, die seit 1951 Mitglied der Künstlervereinigung ist, unter dem Titel "Im Atem der Zeit" eine kleine Präsentation. "Wir wollen damit unsere große Wertschätzung für sie ausdrücken", sagte Daha. "Wir sehen sie als Visionärin." Tatsächlich wirken ihre Puppas genannten Stoff-Figuren, ihre kleinen Keramik-Skulpturen und eine Installation aus ineinander verschlungenen Stoff-Beinen mit Schuhen wie Vorgriffe auf Arbeiten von Künstlerinnen wie Louise Bourgeois, Sarah Lucas oder Annette Messager.

Eine Wand mit Sekundenzeichnungen, die in allerjüngster Zeit entstanden und deren Entstehung in dem auf Screen laufenden Film "Sekundenarbeiten" von Christina Perschon dokumentiert wird, zeigt, dass die in einer mit ihren Kunstwerken prall gefüllten Villa in Wien-Gersthof lebende Künstlerin weiterhin aktiv ist. Das Haus zu verlassen sei ihr aber schon länger nicht möglich, zudem sei Beschorner durch eine jüngst überstandene Corona-Erkrankung gesundheitlich angeschlagen, berichtete Daha. "Sie freut sich aber wahnsinnig, dass sie wieder zurückkommen durfte an diesen Ausgangspunkt", erzählte Kurator Berthold Ecker, der die Künstlerin durch eine Ausstellung im MUSA erst vor rund einem Jahrzehnt wieder ins Bewusstsein der Öffentlichkeit zurückholte. Im August soll eine Publikation zur Ausstellung erscheinen.

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