© Mila Zytka

Kabarett Wien

Kabarett für die GenZ: Dr.Bohl im ausverkauften Stadtsaal Wien

Es war wie ein großes Treffen unter Freunden: Über 400 Fans versammelten sich am Montag im ausverkauften Wiener Stadtsaal zur Premiere des zweiten Programmes von Dr.Bohl.

Wenn Sie sich jetzt fragen "Dr. Wer?!", dann sind Sie scheinbar nicht oft genug auf Social Media, TikTok und YouTube unterwegs. Auf diesen Plattformen unterhält das junge Brüderpaar Paulus und Benjamin bereits seit einigen Jahren seine stetig wachsende Anhängerschaft mit humorvollen Videos, in denen sie in gestellten Straßeninterviews Klischees über Studierende, aber auch über WienerInnen allgemein aufs Korn nehmen. Dabei schlüpf das Duo, bewaffnet mit einem gelben Pfannenwender als Mikrofon-Requisite, selbst in die diversen Rollen und persifliert diese oft so authentisch, dass sogar manchmal der Verdacht aufkommt, die Aufnahmen könnten real sein: "Bei den Videos mit den hohen Aufrufzahlen glauben wahrscheinlich 50 Prozent, dass die echt sind. Wenn’s ganz viele Aufrufe hat, weiß man, dass die Piefke denken, es ist echt! Das merkt man dann auch in den Kommentaren," verrieten die beiden im Interview mit events.at:

Der Sprung auf die Kabarettbühne gelang ihnen bereits vor drei Jahren, mit ihrem ersten Programm „Dr.Bohl - Live!“ schafften sie es auf über 45 ausverkaufte Auftritte. War die erste Premiere noch im kleinen Rahmen im Keller ihrer alten Schule, haben sie mit der nächsten auf der Bühne im Stadtsaal definitiv größere Bretter, die die Welt bedeuten, erklommen. Mit "ANABOHLIKA" folgt nun der zweite Streich, in bewährtem Konzept, aber auch mit einigen Neuheiten.

Keine Premiere ohne Hoppalas

Es war also wie ein Treffen unter Freunden am Montagabend, denn das Publikum bestand zum großen Teil aus treuen Dr.Bohl-Fans, Altersdurchschnitt 25 Jahre oder jünger (an dieser Stelle würden wir "schätzomativ" schreiben, aber wir haben im Programm gelernt, dass "des nua Oarchlecher sogn"!). Und wie das eben so ist bei solchen Treffen oder bei Premieren im Allgemeinen, kann da und dort im Eifer des Gefechts auch mal etwas schiefgehen.

"Im Eifer des Gefechts" trifft es tatsächlich, denn als sich das Brüderpaar in einer Szene, kostümiert als Drachen (warum genau, spoilern wir an dieser Stelle natürlich nicht), spielerisch auf der Bühne balgte, wurde Benjamin leider ein Stück seines Zahnes ausgeschlagen. Dieser ließ sich aber auch nach dem kleinen Unfall nicht vom Spielen der zweiten Programmhälfte abhalten, der kurze Schrecken wurde souverän mit Humor genommen. Verdienter Applaus.

"ANABOHLIKA": Mehr Dialog, weniger roter Faden

Ähnlich wie im ersten Programm "Dr.Bohl - live!" trifft man erneut auf bekannte Namen aus dem großen Figuren-Fundus ihrer Videos. Ob Ur-Wiener Ernst Dobraszek, TU-Nerdstudent Martin Lang oder Parade-Pensionistenpaar Irmi und Walter – Wiedersehen macht bekanntlich Freude, daher setzen Dr.Bohl bei "ANABOHLIKA" auf weitere ihrer beliebten Charaktere, die diesmal aber deutlich längere Szenen im Rampenlicht bekommen. Klar, wir sind hier auch nicht auf TikTok, sondern in einem fast zweistündigen Kabarettprogramm. Dieses wirkt mit seinen langen Dialogen aber mehr wie ein Theaterstück, was stellenweise etwas langatmig wird. Die einzelnen Szenen kommen zwar mit viel Schmäh daher, wirken aber auch etwas zu willkürlich zusammengewürfelt, sodass ein roter Faden im Programm nicht immer erkennbar ist.

Dieses Manko machen die beiden Brüder aber mit einer beachtlichen Bühnenpräsenz und Mut zur Spontanität fast schon wieder wett, auch die Interaktion mit dem Publikum reißt so gut wie nie ab. Da stört es auch nicht, dass Text und Reihenfolgen an diesem Premierenabend nicht immer fehlerfrei sitzen. Kleine Hänger wurden einfach mit Charme und Spielfreude ins Programm eingebaut. Woran man ebenfalls erkennt, dass Dr.Bohl längst keine Anfänger mehr auf der Bühne sind.

events.at-Fazit: Ein Abend mit Dr.Bohl ist vieles, vor allem unterhaltsam. "Klassisches" Kabarett, wie man es vielleicht von anderen KünstlerInnen kennt, bekommt man hier nicht. Kann man mögen, muss man nicht. Vielleicht aber ist durch diese Symbiose aus Social Media, Videoformaten, Schauspiel und Kabarett eine ganz neue Kleinkunstform bereits längst in the making. Und wenn diese mehr junge Leute in die Kulturhäuser bringt - umso besser. Und dafür tragen Dr.Bohl ihren großen Teil bei.

Weitere Spieltermine ihres neuen Programmes "ANABOHLIKA" gibt es hier:

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