© Rabenhof / Ingo Pertramer

Theater Wien

"Publikumsbeschimpfung" im Rabenhof mit Kreisky

Das Rabenhof feierte vor kurzem seinen 20. Geburtstag. Bundespräsidenten Alexander Van der Bellen hatte dabei per Videoansprache den Wunsch nach "weiterhin Rock'n'Roll im Gemeindebau!" geäußert. Und diesen erfüllte das von Thomas Glatzer geleitete Theater nur allzu gerne mit der rockig-flockigen Version von Peter Handkes "Publikumsbeschimpfung" 

Brechen der Theaterkonventionen

Das 1966 von Claus Peymann in Frankfurt uraufgeführte Sprechstück hat Theatergeschichte geschrieben. Wie stark es bis in die Gegenwart weiterwirkt, sieht man nicht zuletzt daran, dass die Autorin Sivan Ben Yishai ihre Auseinandersetzung mit der Institution Theater - mit der am 3. November die neue Direktion des Schauspielhaus Wien startet - ausgerechnet "Bühnenbeschimpfung" genannt hat. Das Theater ist in der Krise selbstkritisch geworden und wirbt mehr um sein Publikum als dass es zu verstören sucht.

Insofern ist der Ansatz von Regisseur Matthias Jodl ganz auf der Höhe der Zeit. Das Brechen aller Theaterkonventionen, das Verweigern von Narration, von Handlung und Charakteren ist heute ebenso wenig provokant wie die Konzentration auf die Sprache oder die unmittelbare pejorative Ansprache des Publikums. Also hat Jodl den Text stark gekürzt und das Sprechstück zur Sprechoper bearbeitet. Dem Verlust des Sperrigen und Räudigen steht der Gewinn des Musikalischen und Druckvollen gegenüber. Und weil ein tolles Team am Werk ist, fällt diese nur etwas mehr als einstündige "Publikumsbeschimpfung" unterhaltsam, aber nicht seicht, kulinarisch, aber nicht unkritisch aus.

© Rabenhof / Ingo Pertramer

Mehr Rockkonzert als Theaterstück

Vier Männer und vier Frauen stehen und sitzen in tollen Kostümen von Katia Bottegal auf der Bühne von Sarah Sassen, die ebenso Proberaum wie Kunstinstallation sein könnte: Neben Franz Adrian Wenzl und seiner Band Kreisky sind Tanja Raunig und die drei Musikerinnen und Sängerinnen Anna Hauf, Anita Rosati und Berenike Tölle dafür verantwortlich, dass das von Michael Mautner und Kreisky ausgeheckte Musik-Konzept aufgeht. Diese "Publikumsbeschimpfung" ähnelt deutlich mehr einem Rockkonzert als einer Theatervorstellung - und das ist sehr gut so. Szenische Einlagen gibt es nur in Spurenelementen - etwa bei einer gelungenen liturgischen Einlage.

Das Publikum ließ sich von der Beschimpfung nicht ihrer Euphorie berauben und beendete den Abend mit ausgiebigem Jubel.

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