© Anja Köhler

Was ist los in Vorarlberg

Vorarlberger Landestheater: Fünf Uraufführungen trotz Budgetkürzungen

Das Haus am Bregenzer Kornmarkt ist sanierungsbedürftig, Ensemble und Budget sind geschrumpft. Trotz schlechter Rahmenbedingungen bietet das Vorarlberger Landestheater in der Saison 2022/2023 fünf Uraufführungen. Überschreiben könnte man die nächste Theatersaison mit einem Zitat von Karl Marx, sagte Intendantin Stephanie Gräve bei der Präsentation am Freitag: "Man muss diese versteinerten Verhältnisse dadurch zum Tanzen bringen, in dem man ihnen ihre eigene Melodie vorsingt."

So habe man sich zum Ziel gesetzt, künstlerisch zu hinterfragen, was denn in unserer Gesellschaft "so extrem schiefläuft", sagte Gräve. Als Voreröffnung der Saison lädt das Landestheater am 3. September zu einem Brecht-Liederabend. Fragen wie jene, was denn aus unserer Solidargemeinschaft geworden sei, versuche man zum Saisonauftakt am 17. September mit Bertolt Brechts "Die heilige Johanna der Schlachthöfe" aufzuwerfen. Inhaltlich beraten wird Regisseurin Bérénice Hebenstreit dabei von Attac Österreich.

Mit drei Gastspielabenden ab 5. Oktober wird die Thematik Kolonialismus und Restitution geraubter Kunstwerke und menschlicher Überreste in "The Ghosts are Returning" behandelt. Es ist dies eine Kooperation des Centre d'Art Waza Lumbumbashi (Kongo) mit Theatergruppen aus der Schweiz und Deutschland.

Trotz Budgetkürzungen dichtes Programm

Das neue Programm ist wegen der Budgetkürzungen, Gräve sprach von 25 bis 29 Prozent innerhalb der letzten acht Jahre, weniger umfangreich. Dennoch bietet man dem Publikum, das dem Landestheater trotz der Restriktionen der Pandemiejahre "sehr zugewandt und treu ist" (Gräve) fünf Uraufführungen. Darunter zwei, die Vorarlberger Themen zum Inhalt haben.

Mit "Wunsch und Widerstand" von Thomas Arzt (Premiere am 11. Februar 2023) widmet sich das Landestheater der Lebensgeschichte des Vorarlberger Freidenkers Max Riccabona. Die Autorin Daniela Egger wiederum lässt im Stück "Şurdum" Ayse, die Gattin des verstorbenen Dichters Kundeyt Şurdum, die gemeinsame Lebens- und Migrationsgeschichte aus ihrer Sicht erzählen. Premiere: 14. Dezember 2022.

Schweizer Koproduktionen

Zwei weitere Uraufführungen sind Koproduktionen mit Schweizer Theatern. Mit "Kafka in Farbe" widmen sich Max Merkel und Aaron Hitz Franz Kafka, "dem unerkannten Komödianten des Unbewussten" und nähern sich Kafkas Werk unverfroren mit Witz und Slapstick. Premiere der Koproduktion mit dem TOBS Theater Orchester Biel Solothurn ist am 19. Jänner 2023. Gemeinsam mit dem Theater an der Effingerstraße in Bern wurde "Ein neues Stück" von Gerhard Meister produziert. Das Spiel um eine alte Frau und einen jungen Mann hat am 6. Mai 2023 Premiere.

Für die Box, die Werkstattbühne, haben Ensemblemitglied Vivienne Causemann und Fanny Brunner gemeinsam mit dreizehnterjanuar - Freie Theaterproduktionen ein Stück über das Frausein im 21. Jahrhundert erarbeitet. Uraufführung von "King Kong Vivienne" ist am 8. Oktober.

Obwohl Verhandlungen mit dem Land Vorarlberg über eine Sonderfinanzierung der jährlichen Opernproduktion fehlschlugen, wagt sich das Landestheater wieder an eine Opernproduktion. In Zusammenarbeit mit dem Symphonieorchester wird Gaetano Donizetti "Maria Stuarda" aufgeführt. An der Opernproduktion will Stephanie Gräve festhalten. "Auch wenn sie so viel kostet wie vier Theaterproduktionen." Der Grund: "Unser Publikum liebt die Oper."

Sorgen bereitet der Intendantin die notwendige Sanierung des Hauses am Bregenzer Kornmarkt: "Eigentlich sollte ein Theater dieser Größe alle 20 Jahre saniert werden", sagte Gräve. Die letzte Sanierung (1994) liege aber bereits wesentlich länger zurück. Die grundsätzliche Zusage von Land und Stadt habe man zwar erhalten, leider fehle aber der konkrete Termin. Da laufend Reparaturen an der Technik fällig würden, sei rasches Handeln notwendig, mahnte Gräve und hofft auf Sanierungsstart in der Saison 2024/2025. Sie veranschlagte für die Arbeiten rund ein Jahr: "Da werden wir uns eine andere Bleibe suchen müssen."

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