© Peter van Heesen

Theater Wien

Female Empowerment bei den Musiktheatertagen Wien

Eine dystopische Oper aus der Ukraine eröffnet am 14. September die Musiktheatertage Wien. Das Werk "Chornobyldorf" von Roman Grygoriv und Illia Razumeiko zeigt Nachkommen einer Menschheit, die eine Serie von Katastrophen überlebt haben, und die zwischen den Ruinen von Reaktoren, Theatern, Kirchen und Galerien umherirren.

Zwei Wochen lang sollen im Rahmen des Festivals im Wiener WUK "neueste Werke des Musiktheaters aus Europa und darüber hinaus" gezeigt werden.

Feministische Sichtweisen

Unter den insgesamt zehn Produktionen (u.a. aus Belgien, China, Dänemark, Russland und Ungarn) befinden sich drei Stücke, die sich ganz klar gegen patriarchale Strukturen, Klischees, Diskriminierungen und Vorurteile stemmen. Darunter das von Widerstand und Solidarität handelnde Musiktheater "Mitra" der österreichischen Komponistin Eva Reiter und des belgischen Filmregisseurs Jorge León. Die Geschichte basiert auf wahren Begebenheiten: Psychoanalytikerin Mitra Kadivar wurde 2012 zu Unrecht in die Psychiatrie eingeliefert, nachdem sie in Teheran eine Schule für Psychoanalyse aufbaute und ihr Zuhause in eine Anlaufstelle für Drogensüchtige umfunktionierte.

Von Macht und Ohnmacht berichtet auch das all-female-project "Kassandra". Die mythische Frauenfigur wird aus rein weiblicher Sicht analysiert. Dabei entdeckt das Publikum Seiten, mit denen es sich leicht identifizieren kann. Aber auch auf Makel und angsteinflößende Charaktereigenschaften wird hingewiesen.

Puccinis Oper wiederum wird bei "La Bohème Supergroup" ins Berlin des 21. Jahrhunderts versetzt. Das Melodram bietet das perfekte Umfeld, um in neuen Songs aktuelle, feministische Sichtweisen unterzubringen.

Gesellschaftspolitik als interaktives Theater

Das Publikum wird bei den Musiktheatertagen aber nicht nur intellektuell gefordert: Auch interaktive Erlebnisse sind geplant. So besucht bei der "Outdoor-Zero-Emission-Fahrrad-Oper R¡NGD!NG" das Publikum mit dem Fahrrad fünf Stationen, an denen Musik aus Opern von Mozart, Puccini, Wagner oder Rossini und Strauss völlig a capella gesungen wird - mit ganz neuen Texten, die mittels App am Smartphone auf Deutsch und Englisch quasi als Untertitel mitgelesen werden können. So erzählt etwa eine tunesische Fahrradbotin zur Musik aus dem "Rosenkavalier", wie sie in Wien Notrufe von Flüchtlingsbooten aus dem Mittelmeer erhält und die Seerettung alarmiert.

Der Pianist Marino Formenti wird während des Festivals alle Projekte "mit Notenpapier und Aufnahmegerät durchreisen" und das Resultat zum Festival-Abschluss am 24. September in einer mehrstündigen Klavierperformance präsentieren.

Das gesamte Programm gibt es hier:

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