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Konzerte

Ina Regen im Interview: "Es braucht ein bunteres Frauenbild"

Am 8. März 2022, dem Internationalen Frauentag, lädt die österreichische Liedermacherin Ina Regen wieder zu einem besonderen Abend ins Wiener Konzerthaus. Wobei, so "besonders" sollte das Ganze eigentlich gar nicht sein: Unter dem Titel "Sie - ungewöhnlich selbstverständlich" werden unterschiedliche Künstlerinnen Lieder und Gedanken auf die Bühne bringen. Dabei soll die Vielfalt heimischer Musikerinnen gezeigt werden, nicht zuletzt, weil sie nach wie vor medial oft vernachlässigt werden.

Mit events.at sprach Ina Regen über ihre Beweggründe für die Veranstaltung, die bunte weibliche Musikszene in Österreich und die Hürden, die es nach wie vor zu überwinden für selbige gibt.

Wie kam die Idee zu diesem Event am Weltfrauentag im Konzerthaus auf?

Es war wohl eine Aneinanderkettung vieler kleiner Erfahrungen. Besonders zu Beginn meiner Karriere bekam ich oft die Resonanz: "Endlich gibt es wieder eine Frau in der Musik in Österreich!", so, als hätte es nach Marianne Mendt nur Christina Stürmer gegeben, und dann plötzlich mich. Diese Wahrnehmung hat mich sehr gestört. Wobei, medial betrachtet, war es tatsächlich ein bisschen so. Dabei sind mir in meinen vielen Jahren des Musikschaffens überall großartige Künstlerinnen begegnet, nur bleiben diese scheinbar unter dem Radar leider. Ich dachte mir: "Erstens, ich bin nicht die einzige! Zweitens, diese Wahrnehmung müssen wir ändern!" Mir ist es ein Anliegen, dass wir "mehr werden" in der Öffentlichkeit, weil wie ja mehr sind!

Daher wohl auch der Titel „Ungewöhnlich selbstverständlich“.

Genau. Mit wurde oft gesagt, wie "ungewöhnlich" meine Laufbahn sei. Ich finde aber, sie sollte selbstverständlich sein. Es sollte kein "Ausnahmemärchen" sein, dass eine Frau in ihren Dreißigern eine musikalische Karriere macht. Weder Alter noch Geschlecht sollten da eine Rolle spielen. Ich finde es sehr ungewöhnlich, dass das so "ungewöhnlich" ist (lacht).

"Junge Mädchen und Frauen sollen dazu ermutigt werden, sich nicht von überalterten Rollenbildern bremsen zu lassen“, heißt es weiters zum Konzert. Von welchen Rollenbildern sprechen wir da?

Das beginnt schon bei beruflichen Rollenbildern, bei der Unterteilung in "Frauenberufe" und "Männerberufe" und mit der Verteilung von vermeintlich "weiblichen" Attributen im sozialen Umgang, wie etwa "Empathie" und "Feingefühl". Umgekehrt wird es uns Frauen so auch schwer gemacht, wirtschaftlich mit unseren Talenten auf eigenen Beinen zu stehen und gleichberechtigt zu agieren. Studien belegen mittlerweile bereits, dass allein das Gendern in der Sprache schon etwas in der Denkweise von Mädchen verändert. Wenn man von "PolizistInnen" spricht, kommt bei ihnen viel eher der Gedanke auf: "Okay, das ist ein Beruf, den ich auch einmal machen kann."

Sichtbarkeit ist auch auf Bühnen wichtig, dass Mädchen Frauen in "ungewöhnlichen" Rollen sehen. Nicht nur Sängerinnen, sondern vielleicht auch Rapperinnen, Instrumentalistinnen, ... so wird ihre Fantasie beflügelt und sie denken sich vielleicht: "Hey, das kann ich auch!" Das ist ein großes Anliegen der Veranstaltung.

Welche großen Hürden gib es deiner Erfahrung nach noch für Künstlerinnen in Österreich?

Eine weitere negative Erfahrung, die mich persönlich geprägt und für die Veranstaltung zum Weltfrauentag motiviert hat, hatte ich beim Donauinselfest 2018: Etwa eine Stunde, bevor ich dort vor 80.000 Leuten aufgetreten bin, hat mich ein Reporter gefragt, wie es sich denn anfühlt, "die Frauenquote auf der heutigen Bühne zu erfüllen".

Autsch ...

Eben! Tatsächlich war ich auch die einzige Frau an dem Tag im Line-Up. Mir aufgrund meines Geschlechts aber meine Kompetenz abzusprechen oder so zu tun, als wäre nur mein Geschlecht der Grund, warum ich auf diese Bühne gehen darf und nicht die Tatsache, dass ich dafür genauso hart gearbeitet habe wie meine männlichen Kollegen, die solche Bühnen immer noch mit 80 Prozent dominieren – ist nicht in Ordnung. Wenn man sich Festival-Line-Ups und Radioquoten anschaut, schaffen es Interpretinnen kaum auf mehr als ein Fünftel, auch nicht in den Medien.

Die Zeit ist einfach reif, dem entgegenzuwirken. Und wenn ich persönlich möchte, dass sich daran kollektiv etwa ändert, muss ich auch etwas investieren. Und das tue ich gerne!

Hast du selbst vielleicht weibliche musikalische Vorbilder?

Ich glaub, ich bin keine Persönlichkeit, die sich nach "Vorbildern" oder "Shining Stars" richtet, ich war eher damit beschäftigt, meinen eigenen Weg zu finden. Auch dazu soll die Veranstaltung am 8. März ermutigen: Zu sehen, dass es so viel mehr Rollen von Frauen gibt, als die eingeschränkten Bilder, die viele Medien zeichnen. Man sieht sie nur leider kaum. Es braucht ein bunteres Frauenbild in der Öffentlichkeit, das die Wirklichkeit tatsächlich abbildet.

Neben dir werden am 8. März 2022 auch Künstlerinnen wie Fiva, Oska, Violetta Parisini und viele mehr im Wiener Konzerthaus zu erleben sein. Worauf kann man sich bei diesem Abend freuen?

Die Grundidee ist, dass ich diesen tollen Künstlerinnen eine Bühne biete, und dass sie wiederum mit weiteren Musikerinnen die Bühne bei ihrem Auftritt teilen. Die Einladung ist, das meiner Gäste weitere Kolleginnen in ihre Acts einbauen, wodurch einzigartige künstlerische Momente und Performances entstehen werden. Zusätzlich wird es spannende Keynote-Speakerinnen geben, die ihre Erfahrungen in der Öffentlichkeit mit uns teilen und Motivationsreden zum Thema "Frauenbild" geben werden.

Außerdem wird es einen AKM-Komponistinnen-Wettbewerb geben, bei dem wir ein kleines Preisgeld an junge Nachwuchskomponistinnen ausschreiben. Die Siegerin wird ebenfalls im Konzerthaus auftreten. Ich glaube, es wird ein sehr genre-übergreifender und bunter Abend, mit qualitativ hochwertigem Musikgenuss.

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