Sisters Festival

© Patrick Muennich

Konzerte

Sisters Festival als Bühne des Zusammenhalts

Im Juli 2023 tanzten beim ersten Sisters Festival rund 1.500 Besucher:innen über das Open-Air-Gelände der Wiener Arena. Damit hatte die neue Veranstaltung bewiesen: Es ist möglich, ein Festival zu organisieren, wo ausschließlich Frauen auf und hinter der Bühne arbeiten.

Warum das überhaupt zur Diskussion stand? Veranstalterin Karin Tonsern und Kollegin Cornelia Ettinger beschreiben im Gespräch mit events.at die vorherrschende Meinung in der Veranstaltungsbranche so: “Man würde gerne mehr Frauen als Technikerinnen einstellen, aber es wäre 'so schwer', diese zu finden.” Dieses wiederkehrende Argument sei einer der Gründe gewesen, warum die beiden das Sisters Festival ins Leben gerufen haben.

Karin Tonsern (links), Cornelia Ettinger (rechts)

© Christine Pichler / Sisters Festival

"Es ist immer eine Art Weiterempfehlung"

Denn als Mitglieder (und Tonsern als Gründerin) des “Sisters of Music”-Netzwerks, wissen sie, dass es in Österreich zahlreiche Veranstaltungstechnikerinnen gibt, die sich auf die unterschiedlichsten Bereiche der Branche spezialisiert haben. Angefangen hat das Vernetzen in einer Facebookgruppe, die immer noch sehr aktiv ist, obwohl weitere Kanäle der Kommunikation dazugekommen sind. Es geht den Frauen hier um mehr als nur das lockere Zusammenkommen, betont Ettinger: "Es ist immer eine Art Weiterempfehlung. Wenn mir jemand einen Job anbieten und ich da nicht kann, gebe ich gleich die Nummer einer Kollegin weiter".

Genau dieser Zusammenhalt habe es 2023 möglich gemacht, das Sisters Festival Wirklichkeit werden zu lassen. Schließlich hat Tonsern – mithilfe der Kolleginnen – das Event neben ihrem Vollzeitjob und ihrer Arbeit im Netzwerk fast alleine gestemmt. "Veranstaltungen zu organisieren ist mein tägliches Brot. Aber selbst in der Rolle der Veranstalterin zu sein, war etwas ganz Neues für mich. Ich musste mich plötzlich um Dinge kümmern, die ich so noch nicht kannte."

Festival als Ort der Musik & Plattform

Etwa um das Line-Up mit "all female und female fronted Acts" zusammenzustellen. Tonsern musste sich budgetären, organisatorischen und zeitgebundenen Hindernissen stellen: “Wir haben außerdem nur vier Slots zu bespielen und versuchen, uns für das Publikum relativ breit aufzustellen”. Als relativ kleines Festival haben die Sisters aber auch die Möglichkeit, Acts zu buchen, die auf anderen Events eher keine Chance hätten.

2024 werden die österreichisch-lettische Elektro-Musikerin BAIBA, die Dream-Pop-Band Crush aus Graz, die dänische Sängerin Iris Gold und die südafrikanische Singer-Songwriterin Alice Phoebe Lou auf der Bühne in der Arena stehen.

Das Sisters Festival will aber nicht nur ein Ort für gute Musik sein, sondern auch eine Plattform für Frauen bieten, die besonders in der Veranstaltungsszene zu oft in den Hintergrund rücken – oder gar nicht wahrgenommen werden. Deshalb wurde heuer das Rahmenprogramm weiter ausgebaut, so Tonsern: "Uns ist es ganz wichtig, dass Kunst-, und Kultur-, sowie feministische Initiativen unsere Reichweite mitnutzen können". Des Weiteren profitieren auch angehende Technikerinnen von dem Festival: "Letztes Jahr hatten wir fünf oder sechs Kolleginnen dabei, die beobachten und Fragen stellen konnten."

"Besucher:innen wollen, dass sich etwas in der Branche ändert"

Ein stärkerer Social-Media-Auftritt und filmische Dokumentation für das eigene Archiv: Das haben sich Tonsern und Ettinger für die zweite Festivalausgabe vorgenommen. Andere Angebote, wie etwa der Sitzbereich für Ältere, Schwangere und mobilitätseingeschränkte Personen sowie die Solidaritätstickets müssen gar nicht erst verbessert werden, weil sie schon beim letzten Mal so gut funktioniert haben. Und das ganz zum Erstaunen von einigen Außenstehenden, berichtet Karin Tonsern.

Denn: Wenn alt-eingespielte Systeme bewegt und verändert werden, geht das häufig mit einem Überraschungseffekt einher. Vor zehn Jahren waren etwa “grüne” Events noch ein komplettes Novum – heute gehört es zum guten Ton, sich mit umweltschonender Veranstaltungsorganisation auseinanderzusetzen. Dass die Köpfe hinter den Happenings aber nicht immer die treibende Kraft sind, beobachten die zwei Technikerinnen laufend: "Die Besucher:innen hegen selbst den Wunsch, dass sich etwas in der Branche ändert. Sie geben Feedback wie: ‘Es gibt sehr wenige Frauen’ oder ‘Es treten keine People of Color auf’ oder ‘Das ist nicht wirklich queerfeministisch’.”

“Von Frauen, mit Frauen, für alle”

Für die Veranstalterinnen Tonsern und Ettinger ist außerdem klar: Die Ziele können nicht ohne Männer erreicht werden. Deshalb betonen beide das Motto ihres Festivals: “Von Frauen, mit Frauen, für alle”. Und trotzdem hat Tonsern eines doch überrascht: "Es waren 2023 mehr Männer da, als ich erwartet hatte. Ich fand das extrem schön, denn es ist wichtig, auch unter den Männern Verbündete zu haben".

Ettinger beobachtet ebenso Veränderungen in Hinsicht auf den Wohlfühlfaktor bei Konzerten und Shows: "In den letzten zwei Jahren haben immer mehr kleine Venues auf Awareness-Teams gesetzt. Diese bieten dann beispielsweise einen Raum an, in den man gehen kann, wenn man sich beim Event unwohl fühlt”. Bei großen Konzerthallen, die externe Securityfirmen beauftragen, bräuchte es zwar noch bessere Konzepte, aber “zumindest bewegt sich das in kleinen Schritten in eine positive Richtung".

Am 12. Juli geht das zweite Sisters Festival in der Arena über die Bühne. 

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